Das nachstehende Gedicht schrieb ich im diesjährigen Monat Januar zu Paris, und die freie Luft des Ortes wehete in manche Strophe weit schärfer hinein, als mir eigentlich lieb war. Ich unterließ nicht, schon gleich zu mildern und auszuscheiden, was mit dem deutschen Klima unverträglich schien. Nichtsdestoweniger, als ich das Manuskript im Monat März an meinen Verleger nach Hamburg schickte, wurden mir noch mannigfache Bedenklichkeiten in Erwägung gestellt. Ich mußte mich dem fatalen Geschäfte des Umarbeitens nochmals unterziehen, und da mag es wohl geschehen sein, daß die ernsten Töne mehr als nötig abgedämpft oder von den Schellen des Humors gar zu heiter überklingelt wurden. Einigen nackten Gedanken habe ich im hastigen Unmut ihre Feigenblätter wieder abgerissen, und zimperlich spröde Ohren habe ich vielleicht verletzt. Es ist mir leid, aber ich tröste mich mit dem Bewußtsein, daß größere Autoren sich ähnliche Vergehen zuschulden kommen ließen. Des Aristophanes will ich zu solcher Beschönigung gar nicht erwähnen, denn der war ein blinder Heide, und sein Publikum zu Athen hatte zwar eine klassische Erziehung genossen, wußte aber wenig von Sittlichkeit. Auf Cervantes und Molière könnte ich mich schon viel besser berufen; und ersterer schrieb für den hohen Adel beider Kastilien, letzterer für den großen König und den großen Hof von Versailles! Ach, ich vergesse, daß wir in einer sehr bürgerlichen Zeit leben, und ich sehe leider voraus, daß viele Töchter gebildeter Stände an der Spree, wo nicht gar an der Alster, über mein armes Gedicht die mehr oder minder gebogenen Näschen rümpfen werden! Was ich aber mit noch größerem Leidwesen voraussehe, das ist das Zetern jener Pharisäer der Nationalität, die jetzt mit den Antipathien der Regierungen Hand in Hand gehen, auch die volle Liebe und Hochachtung der Zensur genießen und in der Tagespresse den Ton angeben können, wo es gilt, jene Gegner zu befehden, die auch zugleich die Gegner ihrer allerhöchsten Herrschaften sind. Wir sind im Herzen gewappnet gegen das Mißfallen dieser heldenmütigen Lakaien in schwarzrotgoldner Livree. Ich höre schon ihre Bierstimmen: "Du lästerst sogar unsere Farben, Verächter des Vaterlands, Freund der Franzosen, denen du den freien Rhein abtreten willst!" Beruhigt euch. Ich werde eure Farben achten und ehren, wenn sie es verdienen, wenn sie nicht mehr eine müßige oder knechtische Spielerei sind. Pflanzt die schwarzrotgoldne Fahne auf die Höhe des deutschen Gedankens, macht sie zur Standarte des freien Menschtums, und ich will mein bestes Herzblut für sie hingeben. Beruhigt euch, ich liebe das Vaterland ebensosehr wie ihr. Wegen dieser Liebe habe ich dreizehn Lebensjahre im Exile verlebt, und wegen ebendieser Liebe kehre ich wieder zurück ins Exil, vielleicht für immer, jedenfalls ohne zu flennen oder eine schiefmäulige Duldergrimasse zu schneiden. Ich bin der Freund der Franzosen, wie ich der Freund aller Menschen bin, wenn sie vernünftig und gut sind, und weil ich selber nicht so dumm oder so schlecht bin, als daß ich wünschen sollte, daß meine Deutschen und die Franzosen, die beiden auserwählten Völker der Humanität, sich die Hälse brächen zum Besten von England und Rußland und zur Schadenfreude aller Junker und Pfaffen dieses Erdballs. Seid ruhig, ich werde den Rhein nimmermehr den Franzosen abtreten, schon aus dem ganz einfachen Grunde: weil mir der Rhein gehört. Ja, mir gehört er, durch unveräußerliches Geburtsrecht, ich bin des freien Rheins noch weit freierer Sohn, an seinem Ufer stand meine Wiege, und ich sehe gar nicht ein, warum der Rhein irgendeinem andern gehören soll als den Landeskindern. Elsaß und Lothringen kann ich freilich dem deutschen Reiche nicht so leicht einverleiben, wie ihr es tut, denn die Leute in jenen Landen hängen fest an Frankreich wegen der Rechte, die sie durch die französische Staatsumwälzung gewonnen, wegen jener Gleichheitsgesetze und freien Institutionen, die dem bürgerlichen Gemüte sehr angenehm sind, aber dem Magen der großen Menge dennoch vieles zu wünschen übriglassen. Indessen, die Elsasser und Lothringer werden sich wieder an Deutschland anschließen, wenn wir das vollenden, was die Franzosen begonnen haben, wenn wir diese überflügeln in der Tat, wie wir es schon getan im Gedanken, wenn wir uns bis zu den letzten Folgerungen desselben emporschwingen, wenn wir die Dienstbarkeit bis in ihrem letzten Schlupfwinkel, dem Himmel, zerstören, wenn wir den Gott, der auf Erden im Menschen wohnt, aus seiner Erniedrigung retten, wenn wir die Erlöser Gottes werden, wenn wir das arme, glückenterbte Volk und den verhöhnten Genius und die geschändete Schönheit wieder in ihre Würde einsetzen, wie unsere großen Meister gesagt und gesungen und wie wir es wollen, wir, die Jünger - ja, nicht bloß Elsaß und Lothringen, sondern ganz Frankreich wird uns alsdann zufallen, ganz Europa, die ganze Welt - die ganze Welt wird deutsch werden! Von dieser Sendung und Universalherrschaft Deutschlands träume ich oft, wenn ich unter Eichen wandle. Das ist mein Patriotismus. Ich werde in einem nächsten Buche auf dieses Thema zurückkommen, mit letzter Entschlossenheit, mit strenger Rücksichtslosigkeit, jedenfalls mit Loyalität. Den entschiedensten Widerspruch werde ich zu achten wissen, wenn er aus einer überzeugung hervorgeht. Selbst der rohesten Feindseligkeit will ich alsdann geduldig verzeihen; ich will sogar der Dummheit Rede stehen, wenn sie nur ehrlich gemeint ist. Meine ganze schweigende Verachtung widme ich hingegen dem gesinnungslosen Wichte, der aus leidiger Scheelsucht oder unsauberer Privatgiftigkeit meinen guten Leumund in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen sucht und dabei die Maske des Patriotismus, wo nicht gar die der Religion und der Moral, benutzt. Der anarchische Zustand der deutschen politischen und literarischen Zeitungsblätterwelt ward in solcher Beziehung zuweilen mit einem Talente ausgebeutet, das ich schier bewundern mußte. Wahrhaftig, Schufterle ist nicht tot, er lebt noch immer und steht seit Jahren an der Spitze einer wohlorganisierten Bande von literarischen Strauchdieben, die in den böhmischen Wäldern unserer Tagespresse ihr Wesen treiben, hinter jedem Busch, hinter jedem Blatt versteckt liegen und dem leisesten Pfiff ihres würdigen Hauptmanns gehorchen. Noch ein Wort. Das "Wintermärchen" bildet den Schluß der "Neuen Gedichte", die in diesem Augenblick bei Hoffmann und Campe erscheinen. Um den Einzeldruck veranstalten zu können, mußte mein Verleger das Gedicht den überwachenden Behörden zu besonderer Sorgfalt überliefern, und neue Varianten und Ausmerzungen sind das Ergebnis dieser höheren Kritik. Hamburg, den 17. September 1844 Heinrich Heine |
Im traurigen Monat November war's, Und als ich an die Grenze kam, Und als ich die deutsche Sprache vernahm, Ein kleines Harfenmädchen sang. Sie sang von Liebe und Liebesgram, Sie sang vom irdischen Jammertal, Sie sang das alte Entsagungslied, Ich kenne die Weise, ich kenne den Text, Ein neues Lied, ein besseres Lied, Wir wollen auf Erden glücklich sein, Es wächst hienieden Brot genug Ja, Zuckererbsen für jedermann, Und wachsen uns Flügel nach dem Tod, Ein neues Lied, ein besseres Lied! Die Jungfer Europa ist verlobt Und fehlt der Pfaffensegen dabei, Ein Hochzeitkarmen ist mein Lied, Begeisterte Sterne, sie lodern wild, Seit ich auf deutsche Erde trat, |
Während die Kleine von Himmelslust Beschnüffelten alles, kramten herum Ihr Toren, die ihr im Koffer sucht! Hier hab ich Spitzen, die feiner sind Im Kopfe trage ich Bijouterien, Und viele Bücher trag ich im Kopf! Glaubt mir, in Satans Bibliothek Ein Passagier, der neben mir stand, "Der Zollverein" - bemerkte er - Er gibt die äußere Einheit uns, Sie gibt die innere Einheit uns, |
Zu Aachen, im alten Dome, liegt Ich möchte nicht tot und begraben sein Zu Aachen langweilen sich auf der Straß' Ich bin in diesem langweil'gen Nest Es sind die grauen Mäntel noch Noch immer das hölzern pedantische Volk, Sie stelzen noch immer so steif herum, Ja, ganz verschwand die Fuchtel nie, Der lange Schnurrbart ist eigentlich nur Nicht übel gefiel mir das neue Kostüm Das ist so rittertümlich und mahnt Das mahnt an das Mittelalter so schön, Das mahnt an Kreuzzug und Turnei, Ja, ja, der Helm gefällt mir, er zeugt Nur fürcht ich, wenn ein Gewitter entsteht, Zu Aachen, auf dem Posthausschild, Du häßlicher Vogel, wirst du einst Du sollst mir dann, in luft'ger Höh', Wer mir den Vogel herunterschießt, |
Zu Köllen kam ich spätabends an, Auf meinen Appetit. Ich aß Der Rheinwein glänzt noch immer wie Gold In die Nase steigt ein Prickeln so süß, Die steinernen Häuser schauten mich an, Ja, hier hat einst die Klerisei Der Cancan des Mittelalters ward hier Die Flamme des Scheiterhaufens hat hier Dummheit und Bosheit buhlten hier Doch siehe! dort im Mondenschein Er sollte des Geistes Bastille sein, Da kam der Luther, und er hat Er ward nicht vollendet - und das ist gut. Ihr armen Schelme vom Domverein, O törichter Wahn! Vergebens wird Vergebens wird der große Franz Liszt Er wird nicht vollendet, der Kölner Dom, Er wird nicht vollendet, trotz allem Geschrei Ja, kommen wird die Zeit sogar, "Und wird der Dom ein Pferdestall, So höre ich fragen. Doch brauchen wir uns Folgt meinem Rat und steckt sie hinein Der Schneiderkönig saß darin Zur Rechten soll Herr Balthasar, Die Heil'ge Allianz des Morgenlands, Der Balthasar und der Melchior, Und später nicht Wort gehalten - Es hat |
Und als ich an die Rheinbrück' kam, "Sei mir gegrüßt, mein Vater Rhein, So sprach ich, da hört ich im Wasser tief "Willkommen, mein Junge, das ist mir lieb, Zu Biberich hab ich Steine verschluckt, Er hat mich besungen, als ob ich noch Wenn ich es höre, das dumme Lied, Daß ich keine reine Jungfer bin, Das dumme Lied und der dumme Kerl! Denn kehren jetzt die Franzosen zurück, Ich habe sie immer so liebgehabt, Ich möchte sie gerne wiedersehn, Der Alfred de Musset, der Gassenbub', So klagte der arme Vater Rhein, "O fürchte nicht, mein Vater Rhein, Die Hosen sind rot und nicht mehr weiß, Sie philosophieren und sprechen jetzt Sie werden Philister ganz wie wir, Der Alfred de Musset, das ist wahr, Und trommelt er dir einen schlechten Witz, Gib dich zufrieden, Vater Rhein, |
Den Paganini begleitete stets Napoleon sah einen roten Mann Ich selbst, wenn ich am Schreibtisch saß Unter dem Mantel hielt er etwas Er schien von untersetzter Statur, Seit Jahren hatte ich nicht gesehn Ich schlenderte sinnend die Straßen entlang, Blieb stehen, als wartete er auf was, Es ward mir unleidlich, ich drehte mich um Ich treffe dich immer in der Stund', Du siehst mich an so stier und fest - Doch jener erwiderte trockenen Tons, Ich bin kein Gespenst der Vergangenheit, Ich bin von praktischer Natur, Und gehn auch Jahre drüber hin, Du bist der Richter, der Büttel bin ich, Dem Konsul trug man ein Beil voran Ich bin dein Liktor, und ich geh |
Ich ging nach Haus und schlief, als ob Wie sehnt ich mich oft nach der Süßigkeit Man schläft sehr gut und träumt auch gut Sie fühlt sich frei und schwingt sich empor Die Götter erbleichen, wenn du nahst! Franzosen und Russen gehört das Land, Hier üben wir die Hegemonie, Und als ich einschlief, da träumte mir, Und hinter mir ging wieder einher Wir gingen weiter. Mein Herz in der Brust Ich tauchte manchmal die Finger hinein, Und jedesmal, wenn ich ein Haus Am Himmel aber erblich der Mond, Und immer ging hinter mir einher Wir gehen und gehen, bis wir zuletzt Es herrschte im ungeheuren Raum Ich wandelte lange den Pfeilern entlang Wir kamen endlich zu einem Ort, Die Heil'gen Drei Könige jedoch, Drei Totengerippe, phantastisch geputzt, Wie Hampelmänner bewegten sie Der eine bewegte sogar den Mund Zuerst weil er ein Toter sei, Ich gab ihm zur Antwort lachenden Muts: Fort! fort von hier! im tiefen Grab Der Zukunft fröhliche Kavallerie So sprach ich, und ich drehte mich um, Er nahte sich, und mit dem Beil Es dröhnte der Hiebe Widerhall |
Von Köllen bis Hagen kostet die Post Ein Spätherbstmorgen, feucht und grau, Das ist ja meine Heimatluft! Die Pferde wedelten mit dem Schwanz Wir fuhren durch Mühlheim. Die Stadt ist nett, Damals stand alles im Blütenschmuck, Sie dachten: ›Die magere Ritterschaft Und die Freiheit kommt mit Spiel und Tanz, Ach Gott! die Ritter sind immer noch hier, Die blassen Kanaillen, die ausgesehn Und die Freiheit hat sich den Fuß verrenkt, Der Kaiser ist auferstanden seitdem, Hab selber sein Leichenbegängnis gesehn, Den Elysäischen Feldern entlang, Mißtönend schauerlich war die Musik. Die Menschen schauten so geisterhaft Ich weinte an jenem Tag. Mir sind |
Von Köllen war ich drei Viertel auf acht Der Tisch war gedeckt. Hier fand ich ganz Gestovte Kastanien im grünen Kohl! Jedwedem fühlenden Herzen bleibt Wie jauchzten die Würste im spritzelnden Fett! "Willkommen, Landsmann" - zwitscherten sie -, Es stand auf dem Tische eine Gans, Sie blickte mich an so bedeutungsvoll, Auch einen Schweinskopf trug man auf |
Dicht hinter Hagen ward es Nacht, Ein hübsches Mädchen fand ich dort, Den lispelnd westfälischen Akzent Der lieben Westfalen, womit ich so oft Ich habe sie immer so liebgehabt, Wie standen sie prächtig auf der Mensur Sie fechten gut, sie trinken gut, Der Himmel erhalte dich, wackres Volk, Er schenke deinen Söhnen stets |
Das ist der Teutoburger Wald, Hier schlug ihn der Cheruskerfürst, Wenn Hermann nicht die Schlacht gewann, In unserem Vaterland herrschten jetzt Der Hengstenberg wär ein Haruspex Birch-Pfeiffer söffe Terpentin, Der Raumer wäre kein deutscher Lump, Der grobe Bettler, Vater Jahn, Die Wahrheitsfreunde würden jetzt Wir hätten einen Nero jetzt, Der Schelling wär ganz ein Seneca, Gottlob! Der Hermann gewann die Schlacht, Wir blieben deutsch, wir sprechen deutsch, Der Raumer blieb ein deutscher Lump Gottlob, der Maßmann spricht kein Latein, O Hermann, dir verdanken wir das! |
Im nächtlichen Walde humpelt dahin Der Postillion steigt ab und eilt Das sind die Wölfe, die heulen so wild, Sie hörten von meiner Ankunft gewiß, Das ist ein Ständchen, ich merke es jetzt, "Mitwölfe! Ich bin glücklich, heut Was ich in diesem Augenblick Ich danke euch für das Vertraun, Mitwölfe! Ihr zweifeltet nie an mir, Ich sei abtrünnig und werde bald Der Schafpelz, den ich umgehängt Ich bin kein Schaf, ich bin kein Hund, Ich bin ein Wolf und werde stets Das war die Rede, die ich hielt, |
Die Sonne ging auf bei Paderborn, Hat sie die eine Seite erhellt, Der Stein entrollt dem Sisyphus, Und als der Morgennebel zerrann, Mit Wehmut erfüllt mich jedesmal Sie haben dir übel mitgespielt, Zu deinem Malheur war die Buchdruckerei Der Zensor hätte gestrichen darin, Ach! hättest du nur einen andern Text Geldwechsler, Bankiers, hast du sogar |
Ein feuchter Wind, ein kahles Land, Das ist der Schlußreim des alten Lieds, Es kommt im Lied ein Mörder vor, Des Mörders Todesurteil war Die Sonne war Kläger, sie hatte bewirkt, Und denk ich des Liedes, so denk ich auch Sie war geboren im Münsterland, Wie pochte mein Herz, wenn die alte Frau Die Gänse mußte sie hüten dort Denn angenagelt über dem Tor Die Königstochter seufzte tief: Die Königstochter seufzte tief: Mit stockendem Atem horchte ich hin, Sie hat mir versichert, er sei nicht tot, Kyffhäuser ist der Berg genannt, Ein Marstall ist der erste Saal, Sie sind gesattelt und gezäumt, Im zweiten Saale, auf der Streu, Sie sind gerüstet von Kopf bis Fuß, Hochaufgestapelt im dritten Saal Sehr wenig Kanonen, jedoch genug, Der Kaiser bewohnt den vierten Saal. Sein Bart, der bis zur Erde wuchs, Schläft er oder denkt er nach? Die gute Fahne ergreift er dann Ein jeder schwingt sich auf sein Roß, Sie reiten gut, sie schlagen gut, Die Mörder, die gemeuchelt einst Wohl mancher, der sich geborgen geglaubt Wie klingen sie lieblich, wie klingen sie süß, |
Ein feiner Regen prickelt herab, Der Postillion stößt in sein Horn, Mich schläferte und ich entschlief, Er saß nicht mehr auf steinernem Stuhl, Er watschelte durch die Säle herum Im Saale der Waffen erklärte er mir, Er nahm ein Pfauenwedel zur Hand, Die Fahne stäubte er gleichfalls ab, Und als wir kamen in den Saal, "Hier müssen wir leiser reden und gehn, Und siehe! der Kaiser nahte sich sacht Er sprach mit schmunzelndem Gesicht, Im Saale, wo die Pferde stehn Er zählte die Gäule, Stück vor Stück, "Das ist noch nicht die rechte Zahl" - Roßkämme hab ich ausgeschickt Ich warte, bis die Zahl komplett, So sprach der Kaiser, ich aber rief: Der Rotbart erwiderte lächelnd: "Es hat Wer heute nicht kommt, kommt morgen gewiß, |
Das Stoßen des Wagens weckte mich auf, Ging wieder schwatzend mit ihm herum Er hatte aus der Oberwelt Er frug nach Moses Mendelssohn, "O Kaiser", rief ich, "wie bist du zurück! Der Abraham hatte mit Lea erzeugt Die alte Karschin ist gleichfalls tot, Die Dubarry lebte lustig und flott, Der König Ludwig der Fünfzehnte starb Die Königin zeigte großen Mut, Der Kaiser blieb plötzlich stillestehn, "Das Guillotinieren" - erklärte ich ihm Bei dieser Methode bedient man sich Du wirst hier an ein Brett geschnallt; - Man zieht eine Schnur, dann schießt herab Der Kaiser fiel mir in die Red': Der König und die Königin! Und du, wer bist du, daß du es wagst, Es regt mir die innerste Galle auf, Als solchermaßen in Eifer geriet "Herr Rotbart" - rief ich laut -, "du bist Die Republikaner lachen uns aus, Auch deine Fahne gefällt mir nicht mehr, Das beste wäre, du bliebest zu Haus, |
Ich habe mich mit dem Kaiser gezankt Nur träumend, im idealen Traum, Als ich erwacht', fuhr ich einem Wald Die Eichen schüttelten ernsthaft das Haupt, Vergib mir, o Rotbart, das rasche Wort! Behagt dir das Guillotinieren nicht, Nur manchmal wechsle ab, und laß Stell wieder her das Halsgericht, Das alte Heilige Römische Reich, Das Mittelalter, immerhin, Von jenem Kamaschenrittertum, Jag fort das Komödiantenpack, |
Minden ist eine feste Burg, Wir kamen dort an zur Abendzeit. Die hohen Bastionen schauten mich an, Ach! meine Seele ward betrübt, Es trat an den Wagen ein Korporal Im Wirtshaus ward mir noch schlimmer zumut, Es war ein breites Federbett, Verfluchter Quast! der die ganze Nacht Schien manchmal ein Schlangenkopf zu sein, "Oh, daß ich wäre" - seufzte ich -, Ich fühlte, wie über die Stirne mir Gendarmen in Leichenlaken gehüllt, Ach! Die Gespenster schleppten mich fort, Der böse schmutzige Betthimmelquast! Er glich dem preußischen Adler jetzt, Ich jammerte lange - da krähte der Hahn, Ich reiste fort mit Extrapost, |
Oh, Danton, du hast dich sehr geirrt Das halbe Fürstentum Bückeburg Zu Bückeburg stieg ich ab in der Stadt, Ich kam nach Hannover um Mittagzeit, Mein Gott! da sieht es sauber aus! Besonders gefiel mir ein großer Platz, (Nämlich der Palast). Vor dem Portal Mein Cicerone sprach: "Hier wohnt Idyllisch sicher haust er hier, Ich seh ihn zuweilen, er klagt alsdann, An großbritannisches Leben gewöhnt, Vorgestern fand ich ihn traurig gebückt |
Von Harburg fuhr ich in einer Stund' Und als ich zu meiner Frau Mutter kam, "Mein liebes Kind, wohl dreizehn Jahr' Ich habe Fisch und Gänsefleisch Und als ich aß mit großem App'tit, "Mein liebes Kind! und wirst du auch "Der Fisch ist gut, lieb Mütterlein, Und als ich den braven Fisch verzehrt, "Mein liebes Kind! in welchem Land "Die deutsche Gans, lieb Mütterlein, Und als die Gans sich wieder empfahl, Die Mutter aber fing wieder an "Mein liebes Kind! Wie denkst du jetzt? "Die Apfelsinen, lieb Mütterlein, |
Die Stadt, zur Hälfte abgebrannt, Gar manche Gassen fehlen mir, Wo ist die Druckerei, wo ich Und der Dreckwall, wo ist der Dreckwall hin? Wo ist das Rathaus, worin der Senat Die Leute seufzten noch vor Angst, "Es brannte an allen Ecken zugleich, Die alte Börse ist verbrannt, Die Bank, die silberne Seele der Stadt, Gottlob! man kollektierte für uns Aus allen Ländern floß das Geld Man schickte uns Kleider und Betten genug, Der materielle Schaden ward Aufmunternd sprach ich: "Ihr lieben Leut', Baut eure Häuser wieder auf Gießt nicht zuviel Cayenne-Piment Kalkuten schaden euch nicht viel, Wer dieser fatale Vogel ist, |
Noch mehr verändert als die Stadt Die Mageren sind noch dünner jetzt, Gar manche, die ich als Kälber verließ, Die alte Gudel fand ich geschminkt Am besten hat sich konserviert Den ***, den sah ich nur von fern, Auch meinen alten Zensor sah Wir schüttelten uns die Hände, es schwamm Nicht alle fand ich. Mancher hat Der Edle hatte ausgehaucht Vergebens suchte ich überall Sarras, der treue Pudel, ist tot. Die Population des Hamburger Staats Die Christen sind alle ziemlich gut, Die Juden teilen sich wieder ein Die Neuen essen Schweinefleisch, Ich liebe die Alten, ich liebe die Neu'n - |
Als Republik war Hamburg nie Es war ein schöner Abend, als ich Auch gute Gesellschaft fand ich dort, Da war der Wille, dessen Gesicht Da war der Fucks, ein blinder Heid' Mein Campe war Amphitryo Ich aß und trank, mit gutem App'tit, Ein andrer Verleger hätte mich Ich danke dem Schöpfer in der Höh', Ich danke dem Schöpfer in der Höh', Der auch Zitronen wachsen ließ, Der Rheinwein stimmt mich immer weich Es treibt mich aus dem Zimmer hinaus, In solchen Momenten zerfließe ich fast Und als ich auf die Drehbahn kam, Ihr Antlitz war rund und kerngesund, Ihr Haupt bedeckte eine Mütz' Sie trug eine weiße Tunika, Die weltlichste Natürlichkeit Sie trat zu mir heran und sprach: Du suchst die schönen Seelen vielleicht, Das Leben verschlang sie, das Ungetüm, Du findest die holden Blumen nicht mehr, Verwelkt, entblättert, zertreten sogar "Wer bist du?" - rief ich -, "du schaust mich an Da lächelte das Weib und sprach: Ich bin nicht so eine kleine Mamsell, Du stutzest und erschreckst sogar, Ich aber lachte laut und rief: |
Wie ich die enge Sahltrepp' hinauf- Hier, in Hammonias Kämmerlein, "Siehst du" - sprach sie -, "in früherer Zeit Dort auf der Kommode steht noch jetzt Du bist mein Liebling jetzt, es hängt Nur daß du meine Söhne so oft Es hat die Zeit dich hoffentlich Doch sprich, wie kam der Gedanke dir, "Oh, meine Göttin!" - erwiderte ich -, Es ging mir äußerlich ziemlich gut, Die sonst so leichte französische Luft, Ich sehnte mich nach Torfgeruch, Ich seufzte des Nachts, und sehnte mich, Auch jenem edlen alten Herrn, Ich wollte wieder aus seinem Mund Ich sehnte mich nach dem blauen Rauch, Ich sehnte mich nach den Plätzen sogar, Ich wollte weinen, wo ich einst Ich spreche nicht gern davon; es ist Fatal ist mir das Lumpenpack, Schamlose schäbige Bettler sind's, Oh, meine Göttin, du hast mich heut Ja, ich bin krank, und du könntest mir |
Die Göttin hat mir Tee gekocht An meine Schulter lehnte sie "Ich dachte manchmal mit Schrecken dran, Du schlenderst dort herum und hast Und die Verführung ist dort so groß, Geh nicht zurück und bleib bei uns; Bleib bei uns in Deutschland, es wird dir hier Auch die Zensur ist nicht mehr streng, Du selbst bist älter und milder jetzt, Ja, daß es uns früher so schrecklich ging, Gedankenfreiheit genoß das Volk, Gesetzlose Willkür herrschte nie, So übel war es in Deutschland nie, Es blühte in der Vergangenheit Die praktische äußere Freiheit wird einst Auch unsre schöne Poesie Der Enkel wird essen und trinken genug, Oh, könntest du schweigen, ich würde dir Was ich den sterblichen Menschen nie "Mein Gott, o Göttin!" - rief ich entzückt -, Ich will dir schwören jeden Eid, Doch jene erwiderte: "Schwöre mir Heb auf das Gewand und lege die Hand Ein feierlicher Moment! Ich war Ich schob das Gewand der Göttin auf, |
Die Wangen der Göttin glühten so rot "Ich werde alt. Geboren bin ich Mein Vater war ein großer Monarch, Der Stuhl ist zu Aachen, auf welchem er Die Mutter hinterließ ihn mir, Siehst du, dort in dem Winkel steht Doch gehe hin und hebe auf Das ist ein Zauberkessel, worin Die Zukunft Deutschlands erblickst du hier, Sie sprach's und lachte sonderbar, Was ich gesehn, verrate ich nicht, Ich denke mit Widerwillen noch Entsetzlich waren die Düfte, o Gott! Ich weiß wohl, was Saint-Just gesagt Doch dieser deutsche Zukunftsduft Mir schwanden die Sinne, und als ich aufschlug Es blitzte ihr Blick, es glühte ihr Mund, "Bleib bei mir in Hamburg, ich liebe dich, Den Deckel darauf! damit uns nicht Ich küsse dich, und ich fühle, wie mich Mir ist, als ob ich auf der Straß' Jetzt kommen die reitenden Diener auch Es kommt der hoch- und wohlweise Senat, In glänzender Uniform erscheint Es kommt die geistliche Deputation, Die Schere klirrt in seiner Hand, |
Was sich in jener Wundernacht Das alte Geschlecht der Heuchelei Es wächst heran ein neues Geschlecht, Schon knospet die Jugend, welche versteht Mein Herz ist liebend wie das Licht, Es ist dieselbe Leier, die einst Es ist die Leier, worauf er einst Im letzten Kapitel hab ich versucht, Die "Frösche" sind auch vortrefflich. Man gibt Der König liebt das Stück. Das zeugt Der König liebt das Stück. Jedoch Dem wirklichen Aristophanes, Der Pöbel bekäm die Erlaubnis bald, O König! Ich meine es gut mit dir, Beleid'ge lebendige Dichter nicht, Beleid'ge die Götter, die alten und neu'n, Die Götter bestrafen freilich sehr hart Doch Heilige gibt es, die aus der Glut Und am Ende der Tage kommt Christus herab Doch gibt es Höllen, aus deren Haft Kennst du die Hölle des Dante nicht, Kein Gott, kein Heiland erlöst ihn je |
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